Handelsgericht des Kantons Aargau gibt Gastro-Betrieb im Streit mit Versicherung Recht

Die Gastronomie zählt zu den Branchen, welche die Pandemie am härtesten getroffen hat: Aufgrund der verordneten Betriebsschliessungen sind die Erträge über Monate komplett ausgefallen. Etliche Wirte rieben sich verwundert die Augen, als Versicherungen sich weigerten, Ertragsausfälle zu finanzieren. Viele hatten eine Epidemieversicherung abgeschlossen. Doch manche Versicherer stellten sich auf den Standpunkt, dass Covid-19 von der Deckung ausgeschlossen sei, da es sich dabei nicht um eine Epidemie in einem begrenzten Gebiet, sondern um eine weltweite Pandemie handle.

Oft einigten sich Versicherer und Gastrobetriebe einvernehmlich. Während die Versicherungen von grosszügigen Lösungen sprechen, beurteilen manche Brancheninsider solche Kompromisslösungen skeptisch und sprechen von Knebelverträgen. Denn damit verpflichteten sich die Wirte, keine weiteren Forderungen zu stellen.

Tatsächlich gibt es juristischen Interpretationsspielraum. So hat das Handelsgericht des Kantons Aargau nun in einem Verfahren gegen die Versicherungsgesellschaft Helvetia nun einem Gastrobetrieb recht gegeben.

Im vorliegenden Verfahren waren insbesondere zwei Punkte umstritten. Erstens argumentierte der Anwalt des betroffenen Gastrounternehmens, dass die Versicherung die Deckung zu stark eingeschränkt habe. Doch in diesem Punkt stützte das Handelsgericht des Kantons Aargau die Versicherungsgesellschaft. Die Pandemie von der Versicherungsdeckung auszuschliessen, hält das Gericht also für angemessen.

Im zweiten Punkt gaben die Richter jedoch der Klägerin recht. Die Versicherung stützte sich bei der vertraglichen Definition auf die Pandemiestufen 5 und 6, welche die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2005 definiert hatte. Doch diese WHO-Kriterien sind überholt, wie das Gericht ausführt. Damit seien die Ausschlusskriterien nicht klar definiert. Für unklare Formulierungen in den Vertragsbestimmungen trage die Versicherungsgesellschaft die Verantwortung.

Im vorliegenden Urteil verpflichtet das Handelsgericht des Kantons Aargau die Versicherungsgesellschaft, dem betroffenen Gastrobetrieb 40’000 Franken plus 5 Prozent Zins seit April 2020 zu bezahlen. Die Summe umfasst nur einen Teil des entstandenen Schadens. Weitere Ansprüche können allenfalls später noch geltend gemacht werden.

Das letzte Wort in dieser Sache ist jedoch voraussichtlich noch nicht gesprochen, da der Fall noch ans Bundesgericht gezogen werden kann.


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